Katharina Miketta
Referentin für Diversity Policies
Diversity Policies Universität Siegen Strategiepapier
Diversity Policies of the University of Siegen
Geschäftsordnung Kommission für Diversity Policies
Richtlinie für einen respektvollen Umgang (Anti-Diskriminierung)
Beeinträchtigung
Definition
Im Rahmen der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks erklärten von 52.440 Befragten 23 %, gesundheitlich beeinträchtigt zu sein. 11 % der Befragten weisen studienerschwerende Gesundheitsbeeinträchtigungen auf. 6 % nannten (sehr) starke, 3 % mittlere Studienerschwernisse. Zu dieser Gruppe gehören insbesondere:
- psychische Erkrankungen (55%)
- chronisch-somatische Erkrankungen (30%)
- Sehbeeinträchtigung (10%)
- Sonstige Beeinträchtigungen (9%)
- Mobilitäts- und Bewegungsbeeinträchtigungen (10%)
- Teilleistungsstörungen (6%)
- Hörbeeinträchtigung (3%)
- Sprach-/Sprechbeeinträchtigung (2%).
Hieraus wird ersichtlich, dass lediglich bei ca. einem Drittel der Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen diese für Dritte direkt wahrnehmbar sind, knapp zwei Drittel der Behinderungen bleiben unbemerkt, wenn Studierende nicht selbst darauf aufmerksam machen.
Zwar haben sich die Situation und die Bedingungen zur Teilhabe Studierender mit Beeinträchtigungen seit den 1970er Jahren bereits deutlich verbessert, allerdings weist die Bundesarbeitsgemeinschaft Behinderung und Studium (BAG) darauf hin, dass dies „insbesondere für jene mit seit langem als ‚Behinderung‘ anerkannten Beeinträchtigungen des Bewegungs-, Hör- oder Sehvermögens“ (BAG 2011) zutrifft. Nach wie vor bestehende Hürden und Hindernisse sind darauf zurückzuführen, dass an den Hochschulen lange Zeit das Bild vom rollstuhlfahrenden Menschen und die Konzentration auf bauliche Zugänge dominierte. Erst nach und nach wächst das Bewusstsein für die Größe der Gruppe der Studierenden mit Behinderungen [...] und ihre Vielfalt.
Aus dieser Vielfalt der Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen erwächst eine Vielfalt an beeinträchtigungsbedingten Anforderungen an Studium und Lehre, Hochschulen und Studierendenwerke, wobei bauliche Barrieren nur ein Thema unter vielen darstellt. Kommunikative, organisatorische, didaktische und strukturelle Barrieren können sich ebenfalls stark studienerschwerend auswirken.
Beispiele
Durch die bundesweite Umfrage des Deutschen Studentenwerks „beeinträchtigt studieren“ (BEST 1 & 2) liegen erstmalig detaillierte Daten zur Studiensituation von Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor.
Aus der Datenerhebung wird ersichtlich, dass
- sich Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigung beispielsweise beim Studienzugang, im Studium und bezüglich der Studienfinanzierung mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen.
- auf Seiten der Studierenden ein erhebliches Informationsdefizit besteht in Bezug auf ihre Rechte sowie die bestehenden Unterstützungsangebote (z.B. Instrument des Nachteilsausgleichs).
- die Beratungsangebote weit überdurchschnittlich von Studierenden mit Bewegungs- und Sinnesbeeinträchtigungen genutzt werden.
- Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen fast ausschließlich die Angebote der psychologischen Beratungsstellen nutzen.
- Studierende mit chronisch-somatischen Erkrankungen, aber ganz besonders jene mit Teilleistungsstörungen, alle Angebote nur unterdurchschnittlich kennen und nutzen.
Insbesondere letzteres lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass die meisten der Studierenden mit einer nicht-sichtbaren Beeinträchtigung sich nicht als behindert empfinden, obwohl sie es gemäß der gesetzlichen Definition sind.
Dies hat Konsequenzen: „Viele wissen nicht, dass sie einen Anspruch auf Nachteilsausgleich haben und fühlen sich durch die bestehenden Beratungsangebote nicht angesprochen. Andere wollen sich gerade in einer Umgebung, in der Leistungsfähigkeit und Elitegedanken eine besondere Rolle spielen, nicht gern als beeinträchtigt, als Mensch mit besonderen Belangen, als ‚behindert‘ outen. Sie verzichten lieber auf ihre Rechte – oft zum eigenen Nachteil“ (DSW 2013).
Handlungsempfehlungen
Die Leitidee der Universität Siegen „Zukunft menschlich zu gestalten“, realisiert sich im universitären Alltag in einer Grundhaltung des offenen und wertschätzenden Umgangs miteinander sowie durch die Berücksichtigung und Beachtung unterschiedlicher Potenziale und Belange der Hochschulmitglieder, die sich u.a. auch durch verschiedene Formen von Beeinträchtigungen und behinderungsbedingten Fähigkeiten auszeichnen. Auch wenn sich die Universität Siegen durch unterschiedliche Maßnahmen bereits auf dem Weg zu einer inklusiven Hochschule befindet, wirken sich in einer allgemeinen Betrachtungsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen im Wechselspiel mit baulichen, kommunikativen oder didaktischen Barrieren nach wie vor studienerschwerend aus.
Studieninteressierte und Studierende mit Beeinträchtigungen dürfen bei der Studienzulassung, der Studiendurchführung und in Prüfungen nicht benachteiligt werden. Sie müssen die gleichen Chancen auf ein erfolgreiches Studium haben wie alle anderen Studierenden. Das Recht auf chancengleiche Teilhabe behinderter Menschen an der Hochschulbildung ist gesetzlich vielfach verankert (GG, HRG, HG NRW, UN-BRK; Akkreditierungsrichtlinien für Studiengänge & Systemakkreditierung, HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“) und somit nicht lediglich ein Ausdruck von Nächstenliebe, sondern ein Menschenrecht, dem sich niemand entziehen darf.
Bitte zeigen Sie sich innerhalb Ihrer Lehr- und Beratungstätigkeit daher zugänglich für gesundheitliche Beeinträchtigungen, behandeln Sie die Thematik zwar diskret, aber nicht tabuisierend oder rein defizitorientiert und leiten Sie Studierende oder Kolleg*innen an das Servicebüro Inklusive Universität Siegen weiter, dessen Team sie in allen Fragen rund um die Themen Studium und Lehre mit Behinderung oder chronischer Erkrankung gern unterstützt.
Hilfestellung für Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen:
- Informationen und Beratung vor und zu Beginn des Studiums
- Während des Studiums: Mentoring, Coaching, Assistenzen
- Beratung und Bereitstellung von Informationen zum Nachteilsausgleich, z.B. Kontakt zur Beauftragten für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung
- Studienabschlussförderung: Die Fördermittel werden nach individuellen Bedarfen an Studierende vergeben, die in der letzten Phase ihres Studiums sind und Hilfe in gezielten Bereichen wie Prüfungsvorbereitungen oder Intensivbetreuung bei Abschlussarbeiten benötigen.
- NEU: Studentische Inklusionstutor*innen geben Hilfestellung zu den Themen Studieren mit Beeinträchtigung und Inklusion (z.B. Unterstützung bei der Erstellung barrierefreier Lehr- und Lernmaterialien sowie Online-Lehre; Gestaltung von barrierefreien Studienbedingungen und Veranstaltungen; Sensibilisierungsarbeit).
Mitarbeiter*innen / Beschäftigte an der Hochschule
- Bereitstellung von Informationen und Hilfen für Beschäftigte mit Behinderung und chronischer Erkrankung, z.B. Kontakt zu Dr. Klaus-Martin Klein
- Barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung
- Einstellungsverfahren
Lehrende
- Bereitstellung von Informationen zur barrierefreien Lehre
- Beratung zum Nachteilsausgleich in Prüfungsverfahren und im Studium; z.B. Kontakt zu Frau Dr.' Weber-Menges